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Das Schicksal der Alice Haarburger

Alice Haarburger erlebte eine unbeschwerte Kindheit. 1891 wurde sie in eine wohlhabende jüdische Reutlinger Fabrikantenfamilie hineingeboren. Bereits 1903 zog die Familie nach Stuttgart, um den Kindern Alice, Ernst und Karl eine gute Schulausbildung zu ermöglichen. 
 
Schon in jungen Jahren hatte sich Alice Haarburger mit Malen und Zeichnen beschäftigt. Ermutigt wurde sie von Künstlerinnen und Künstlern, die im großbürgerlichen elterlichen Haus in der Danneckerstrasse in Stuttgart oft zu Gast waren. Nach dem Mädchengymnasium begann sie eine Ausbildung als Malerin in der Malschule für Damen. Denn in der königlichen Kunstakademie waren in dieser Zeit nur Männer zugelassen. Deshalb gründeten Frauen den Württembergischen Malerinnen-Verein, in dem Alice Haarburger bis zum Beginn des ersten Weltkriegs 1914 aktives Mitglied war. Während des Krieges war sie Hilfskrankenschwester in einem Stuttgarter Lazarett und erhielt eine Auszeichnung für ihre Dienste.
 
Danach nahm sie ihre künstlerische Tätigkeit wieder auf, veranstaltete Aktkurse für den Malerinnenverein und organisierte Ausstellungen und Atelierbesuche.

In dieser Zeit entstanden fast 400 Gemälde. Bis 1933 spielte Alice Haarburger im künstlerischen und gesellschaftlichen Leben Stuttgarts eine wichtige Rolle.

Die Nationalsozialisten setzten ihrem bis dahin unbeschwerten Leben ein Ende: Ab 1933 wurden jüdische Künstler und Künstlerinnen ausgegrenzt und gezwungen, sich einer eigenen Organisation anzuschließen. 1938 begann die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung. Ein eigenständiges kulturelles Leben war nicht mehr möglich. Alice Haarburger durfte ihre Bilder nicht mehr ausstellen.

Ende 1937 wurde zuerst der väterliche Betrieb in Reutlingen, und im folgenden Jahr das Elternhaus in der Danneckerstrasse zwangsenteignet. Alice Haarburger fand eine Unterkunft bei einer Freundin. Zwar bekam sie 1940 ein Visum für die Schweiz, aber sie floh nicht. Sie glaubte, dass ihr nichts passieren könne, da ihre beiden Brüder im ersten Weltkrieg gekämpft und Auszeichnungen erhalten hatten.
Am 16.11.1941, ihrem fünfzigsten Geburtstag, wurde sie von der Gestapo festgenommen und in das Konzentrationslager Jungfernhof in Riga deportiert.
Am 26. März wurde Alice Haarburger bei einer Massenerschießung im Wald von Bikernieki ermordet.